Bolivien Part III – Traumzauberwelt auf dem Illimani, 6.438m
Hoch über La Paz thront der Berggigant und scheint schützend den Frieden vor dem Unheil zu bewahren. Seine Exzellenz winkt uns herbei, wir werden seiner Einladung folgen :)
Über Carlos, welcher selbst die nächsten Tage auf der Autopista vom Huayna Potosi beschäftigt sein wird, finden wir zu unserem neuen Guide Augustin und seiner in dicken Rockschichten eingekleideten Indiofrau Alisia. Wir wagen es in eher unsichere Gefilde, ergo ohne eine Agentur den zweithöchsten Gipfel Boliviens anzugehen. Wir sollten von Beginn an bis kurz vor dem Ende nicht enttäuscht werden. Wieder erschrecken wir über die überaus große Pünktlichkeit, mit welcher Augustin uns vom Hostal abholt. Die scheinen eine deutsche Schule durchgemacht zu haben, anders ist dieses Phänomen hier in Südamerika nicht zu erklären!
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Und wieder mal lohnt sich beinahe schon die Anfahrt zum Ausgangsort allein, so sehr ziehen uns die goldenbraun schimmernden Felsnadeln des Valle de Animas und des Palca Canyon in ihren Bann! La Paz liegt so unglaublich fantastisch! Unerschrocken schmiegen sich die Ziegelhäuser in diese gigantische Bergwelt. Der Himmel strahlt, die Sonne brennt und der Wüstenstaub zwirbelt einen heißen Tanz um unsere Nasen. Ein ausgetrockneter Flusslauf wird zur Straßenführung durch die Felsenschlucht genutzt, bevor es in eine trockene Bergeinöde geht, in welcher sich die abmühenden Bauern versuchen, ihr Überleben zu sichern. 3 Stunden dauert die Berg- und Talfahrt, dabei scheint doch der Illimani von La Paz aus so greifbar nahe zu sein…
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Im kleinen Bergdorf Pinaya schließlich Endstation für den eingestaubten Toyota, der direkt auf den Fußballplatz des Örtchens fährt. Dieser scheint nicht nur für die Dorfjugend mit dem runden Leder herzuhalten. Platzwarte sehen hier anders aus… wühlende Schweine tummeln sich auf ihm, eine Stute, die ihr Fohlen säugt, Mulis und Kühe, die auf ihm grasen und zu guter Letzt beherbergt der Fußballplatz in seiner Mitte einen steinernen Pavillon als soziales und kulturelles Zentrum des Dorfes. Anstoß wird hier anders begangen, wahrscheinlich mit Bierflaschen in der Hand im Pavillon… ;)
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Wir haben uns dieses Mal für eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme entschieden und lassen unser schweres Gepäck von Mulis und Trägern bis ins Hochlager bringen. Das schlechte Gewissen versuchen wir indes damit zu besänftigen, unsere halben Süßigkeitenvorräte an die Porterfamilie zu verschenken :)
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Zunächst verbringen wir eine Nacht im Basislager des Illimani auf 4.500m, dafür müssen wir vom Dorf aus gerade mal 2 Stunden laufen. Der Anblick auf den Berggigant wirkt von hier verzerrt. Wir sind nicht betrunken! Aber der Koloss hat sich in eine Bergkette verwandelt! Es kann sich unmöglich um einen Berg handeln, so faszinierend seine Gipfel, so unterschiedlich, wild und zerklüftet! Lamaherden empfangen uns im Auenland, was unser erstes Nachtlager werden soll. Idyllisch verabschiedet sich der Tag von uns, unter unseren nackten Füssen Feuchtwiesen, weiter entfernt spielende Kinder, die in der Abenddämmerung das Vieh nach Hause treiben und am Fels wieder einmal Lichtspiele im Goldrausch! Der Smog über La Paz ist der Dunkelheit entwichen und uns präsentiert sich ein Goldstreif am Horizont – weit entfernt das lodernde Lichtermeer des Friedens! Seine Exzellenz bittet um Nachtruhe :)
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Am nächsten Morgen muss Kriese mit erschrecken feststellen, dass er gealtert ist. In einem 5stündigem Geburtstagsmarsch tragen uns unsere leichtfüßigen Beine in das Kondornest, welches der König auf 5.500m für uns bereithält.
Als besonderen Schmackes träufelt er unterwegs auf dem Felsgrad etwas Puderzucker auf uns herab, nur der Geburtstagskuchen bleibt leider aus, da nützt auch der Wind nix, der die Kerzen auspusten sollte! Als das der König endlich registrierte, ließ er im Hochlager endlich wieder Sonne auf das Haupt des Geburtstagskindes scheinen, so dass wir vergnüglich den Nachmittag mit dem Bestaunen der riesigen Schneelandschaft mit ihren faszinierenden Eisgraten, Gletscherbrüchen und Eisskulpturen verbringen konnten. Nur die Kreuze etwas über uns zeigen, welchen Weg wir nicht einschlagen möchten. In einem kleinen Felsfriedhof werden der verunglückten Bergkameraden gedacht….
Eine weitere Gruppe teilt sich mit uns das Lager und genießt ebenso wie ich den Anblick des sich im roten Abendhimmel abzeichnenden Vulkankegel des Sajama weit am Horizont. Lediglich Kriese kriegt die Krise bei dieser Weitsicht und schließt den Vorhang des Kochzeltes :) Unter uns erneut die flackernde Lichterflut der Königsmetropole, mit welcher seine Exzellenz uns zum Schlafengehen mahnt, die Nacht wird kurz!
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Die Frage, die sich sicher viele stellen, stellen wir uns während der Touren auch des Öfteren: Warum mache ich das Ganze hier?? Die Antwort, die wir bereits kennen, versuchen wir irgendwie möglich in den Bildern festzuhalten, die für die vielen Augenblicke sprechen! Es gibt so viele Gründe wie es Augenblicke gibt! So auch bei diesem Gipfelsturm, welcher zudem mit Erfolg für uns beide gekrönt war! Nach 6 ½ Stunden Bergsteigen durch die sagenumwobene Gletscherwelt des Königs und zwei 55 Grad geneigten Steilpässen mehr in unseren Armen und Beinen ergötzten wir uns an einem wunderbar sonnigen Tag über den Wolken auf dem Gipfelgrad des Illimani an dem Rundumpanorama, welches sich uns bot :) Unglaubliche 60 Minuten konnten wir uns auf diesem einmaligen Fleckchen Erde aufhalten, sechseinhalbtausend Meter über dem Meer! Die Sonne gibt alles an diesem Morgen :) Nur für den Kammerlander, für den muss ich noch üben… mein Kopfstand auf dem Dach von La Paz scheiterte an meinen schweren Plastikbotten mit dem angeschnürten Eisen drunter… Verdammt, so erhob sich lediglich mein Hintern zum morgendlichen Sonnengruß! Ich hoffe, seine Exzellenz verübelt es mir nicht… ;)
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Der Abstieg war endlich wieder ganz nach unserem Geschmack. Zwar waren wir geschafft und ausgebrannt von der Hitze, aber es ging zügig voran! Kriese meinte noch kurz vorm Hochlager, seine Plastikschuhe genauestens austesten zu müssen und rammte sich bei einem Ausrutscher eine Eiszacke des Steigeisens durch die Plastik, durch den Innenschuh, durch die dicke Socke an die Haut seines Fußes. Die hielt dann zum Glück dicht… altes Leder! :)) Ein ausgiebiges Bad des Schuhs wird später zeigen, ob die reparierte Stelle ebenfalls dichthält für die nächsten Bergtouren… wenn nicht, Weihnachten steht ja vor der Tür :)
Von Alisia wurden wir mit einer leckeren heißen Suppe im Kondornest empfangen, länger war uns keine Pause vergönnt… das Zelt wollte Augustin abgebaut wissen und die Rucksäcke gepackt. Uff! Aus Dankbarkeit für die gelungene und überaus sichere Bergtour stimmten wir zu, mit einem Gewaltmarsch bis zum Dorf abzusteigen. Die ersten Höhenmeter über Blockgelände und glatt geschliffenem Gestein verhinderten ein schnelles Vorankommen. Zu unserer großen Überraschung, dass die Welt doch so klein ist, verfielen wir in einen kurzen Plausch mit dem Schweizer vom Sajama, der sich gerade im Aufstieg zum Kondornest befand und in der kommenden Nacht dieses Wahnsinnserlebnis in sich aufsaugen möchte. Große Freude ob des Wiedersehens, hoffentlich klappt es mit einem Gipfelbier in La Paz :)
Nach der letzten Herausforderung des Weges über den über Nacht zu einem reißenden Strom angeschwollenen Fluss hatten im Dorf schließlich die Einwohner mit uns einen Platzwart mehr für ihren Fußballplatz inklusive Platzwarthäuschen, als wir unser Zelt auf dieser grünen Fläche aufschlugen. Unsere letzte Tafel Schokolade teilten wir dörflich mit den Versammelten und die große Pepsicola ersetzte die Friedenspfeife vorzüglich :)
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Während wir dann des Nachts friedlich schlummerten, heckten die Dorfbewohner einen Plan aus. Sie dachten sich wohl, dass Kriese sich nichts sehnlichster wünschte, als die Dakar Rallye im super Toyota mal auf der Staubpiste nach La Paz auszuprobieren. Und so geben sich Augustin und der Fahrer mit den Dorffreunden mal so richtig die Kante und empfingen uns am nächsten Morgen lallend mit starkem Restalkohol im Blut im Auto! Die ersten 40 Minuten der Fahrt waren wohl die Schlimmsten unserer gesamten Südamerikatour! Doch bitte nicht so sterben!! Ich schimpfte laut mit “Shit” und “Scheiße”, die Worte verstand man doch fast immer überall!! An einer Kurve rief ich laut “Tranquilo!!”, zu schnell ging der betrunkene Fahrer die Kurve an! In einem Dorf schließlich die Erlösung, als Kriese wieder Mal das Steuer übernahm und die bevorstehende Strecke mit Bravour meisterte, während auf der Rückbank eine ganze Weile munter gequatscht und später geschlafen und rumgefurzt wurde. Der Alkoholschiss grüßt… ;)
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Ihnen war der Ernst der Lage lange nicht bewusst! Unser Abschied in La Paz erfolgte mit einem ermahnenden Zeigefinger. Schade für Augustin als einen tollen Bergführer für diesen letzten bleibenden Eindruck!
Seine Exzellenz derweil hielt sich nach unserem Erfolg bedeckt, eine riesige Gewitterfront ließen wir hinter uns.
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Um die schöne wegen ihrer Faszination jedoch schwere Kost der letzten beiden Bergerlebnisse in Ruhe zu verdauen und damit sich Kriese von der Reparatur unseres aus heiterem Himmel total gecrashten Laptops erholen kann, ließen wir uns für ein paar Tage in den niederen und wärmeren Yungas unweit von La Paz nieder. In dem bereits uns bekannten idyllischen Städtchen Coroico, welches sich sanft an die Berghänge der Nebelwälder schmiegt, finden wir ein optimales Plätzchen für einen weiteren Urlaub vom Urlaub :)
Euch wünschen wir von Herzen, einen schönen ersten Advent gehabt zu haben, auf dass ihr kräftig Glühwein für uns mitschlürft auf dem von uns vermissten Weihnachtsmarkt! Von vorweihnachtlichen Gefühlen hier keine Spur. Ab und an klitzern Weihnachtskinkerlitzchen von den Ständen, bei dickem Sonnenschein und in Tevas latschend aber schlecht einzuordnen für uns ;)
Herzliche Adventsgrüße an alle von den Geschichtenerzählern
Claudy y Christian :)