In den Kreuzwellen des Pazifiks

Chile Part II – Meereshöhentest an Chiles Küste La Serena und Valparaíso

Die Zerrissenheit nach unserem gelebten Traum war schier unglaublich und verrückt! Vier Wochen liegen noch vor uns, eine Zeitspanne, von der manch Einer überhaupt nicht erst zu träumen wagt! Eine Zeit, in welcher der Reisende noch die sagenhaftesten Erlebnisse genießen kann. Und wir? Wir hängen in der Luft, die vier Monate 7andessummits haben uns satt gemacht, unser Ziel ist geschafft, plötzlich kann uns nichts mehr reizen außer die Gewissheit, dass wir nicht weiter wissen.

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Doch erst einmal raus aus Copiapó und das schneller als die Dakar, die Flaschen sind geleert, mein Rückfall in die Nutella-Sucht war ein Flopp – und ich bin mir sicher, in Jim Beam Manier behaupten zu können “Das ist kein Nutella!”.

Der Strand von La Serena war das auserkorene Opfer, welches zwei verlorene Reiseseelen wieder aufpäppeln sollte. Und Maria´s Casa tat ihr Übriges :) Nach zwei Tagen voller Zweifel, Zielsuche und abwägender Gedanken haben wir den Entschluss gefasst – es wird zwei Wochen eher zurück in die Heimat gehen! Mit dieser Entscheidung ging dann die Gammelei wie warmes Messer durch die Butter und es folgten Tage vollkommener Unbekümmertheit und relaxtem Dasein. Maria´s Garten lädt zu ausgedehnten Lesestunden ein, der Strand zu Träumereien vom Himmel auf Erden, die gigantischen Wellen zu geradezu heldenhaften Stunts und Pancho zu meinem Erstlingsschuhwerk :) Einzig die gierigen Krabben in Ufernähe trauten uns soviel Glücksgefühl nicht zu und zwickten mich verdammt doch tatsächlich in meinen Zeh! Frechheit! Mittels Konfrontationstherapie bin ich aber wieder auf dem besten Wege der Genesung, die Angst ist den Wasserfreuden entwichen :) Den Meereshöhentest bestanden wir mit einer Strandwanderung zum Nachbarort Coquimbo in hervorragender Weise. Belohnt wurden wir mit einem freundlichen Empfang der Seerobbe am Hafen, einer Schar Pelikane und einem Kreuzgang drohnend über der Küstenstadt. Einzig die Logik der Wellenbewegungen vermochten wir nicht zu duchschauen, ergötzten uns jedoch an ihrer Faszination, kamen sie links und rechts daher, um sich zu unseren Füßen zu kreuzen.

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Die Vielfältigkeit der tierischen Küstenbewohner bekamen wir auf einer uns so verschmähten Tourikutscherei im Humboldt Reservat an der Isla Damas präsentiert. Abgesehen davon, dass wir mittlerweile absolut untauglich sind für derartige Menschenscharzusammenführungen, waren wir von der Vogelwelt doch ganz angetan. Und die choralen Klänge der “Ahhhh” und “Ooohhhs” und “Huuuhs” klappten auch bravourös, welche die daherschwimmenden und springenden Delfine den 30 Kehlen synchron entlockten.

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Mit dem Wetter hat sich die Sonne in der Küstenregion etwas ganz Besonderes ausgedacht, um die Arbeitsmoral kräftig auf Vordermann zu bringen. Täglich hält sie sich bis zum frühen Nachmittag bedeckt, so dass der Schritt ins Büro oder an die Supermarktkasse nicht so schwer fallen dürfte. Zum Feierabend hin heizt sie die Freude darauf schließlich so richtig an, dann nämlich brennt sie erbarmungslos auf den Planeten und bleibt bis zur Schlüsselübergabe an die Nacht.

Chile ist das perfekte Land, sich wieder an die Heimat anzunähern, die Exotik ist dem europäischen Standard gewichen, zumindest auf unserer Städtetour. Riesige Einkaufspassagen zieren die Küstennähe, der Tante Emmaladen wird auch hier nicht mehr ein langes Dasein fristen, nur das Globus hier Jumbo heißt und der Baumarkt nebenan Homecenter Easy. Noch verrückter wird es schließlich mit den Angeboten im Elefantencenter, wir trauen unseren Augen nicht – Apfelrotkohl von Kühne, Sauerkraut und Spekulatiusgewürz, alles echte deutsche Exportgüter! Nun können wir endlich wieder den Packungsinhalt auf der Rückseite verstehen! Nur, was machen die Einheimischen damit? Haben die schon einmal etwas von Apfelrotkohl und Thüringer Klößen gehört geschweige denn von Sauerkraut und Thüringer Bratwurst?? Mit dem Spekulatiusgewürz kommen wir nun auch endlich mal in den Genuss des vermißten heißen Gesöffs – Glühwein, so mundig und lecker, schade, dass an diesem Abend das Internet uns den Tatort vermasselt hat :) Der Preisschock wird den Kulturschock zurück in Deutschland etwas mindern, denn den wird es nicht geben angesichts der Preise in den Kaufregalen. Eine Paprika für einen Euro, dabei ist es noch nicht einmal Bio´s Echte!

Für jeden, der ein Mitbringsel aus diesem Konsumalbtraum haben möchte, möge hier klicken:   …Klick…   :)

Und Chile setzt wirklich alles daran, uns die Heimkehr nicht so schwer zu machen, nun ist auch noch das Hostal in Valparaiso voll von deutschsprechenden Reisenden! In diesem lebendigen kunterbunten städtischen Wandgemälde verweilen wir seit nun 2 Tagen. Der Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda (hey, Kultur!! ;) meinte zu diesem paradiesischen Tal “Treppen, keine Stadt hat sie in ihrer Geschichte so verschwendet und aufgeblättert, sie in ihrem Angesicht so ausgestreut und vereint wie Valparaiso. Wenn wir alle Treppen Valparaisos begangen haben, sind wir um die Welt gereist.” Na prima, doch noch eine Weltreise, bevor es durchs Chiles Tor zur Welt zurück nach Deutschland geht. Valparaisos Charme liegt im Kunterbunt ihrer Geschichte, in der Stadtplanung, die keine war und in der überaus großen Kreativität der Einheimischen in ihrem Umgang mit Farben und Architektur. Ihr Zauber ist wohl auch auf die UNESCO übergegangen, welche die historische Altstadt zum Weltkulturerbe erklärt hat. Zurecht, wie wir finden, auch wenn es lange Zeit dauern würde, dieses liebenswürdige Chaos in seiner Vollkommenheit zu erfassen – ein großes Wandgemälde eben, in welchem man selbst eine Rolle zugeschrieben bekommt. Schaut selbst!

Morgen in aller früh geht unsere Reise noch einmal weiter. Nachdem in wirklich jeder Begegnung mit Kennern Argentiniens Hauptstadt derart lobgepreist wurde, wollen wir uns dieses Mal die Chance nicht vertun, uns in diese Monstermetropole mit diesem verheißungsvollen Namen zu begeben. Mal sehen, ob auch wir ihrem Charme erlegen sind!

The time is running out und dem Mann im Mond geht das Licht aus… pünktlich zum Februarbeginn sagen wir wieder Hallo Deutschland… mit einem lachenden und weinenden Auge, in der Hoffnung, dass Ersteres den Sieg davon tragen wird! Eine schwere Herausforderung wird das!

So nun werde ich zum letzten Mal die Tasten zum südamerikanischen Swing klimpern lassen, hasta luego en Alemania! Uns geht es ausgenommen unserer Abschiedswehmut gut und wünschen uns, Euch gesund und munter wiederzusehen! Und ihr Erfurt-Jena Gang, die Party kann nun eher starten!! :))

Eure Städtehopper

Claudy y Christian

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