Aller guten Dinge sind ja bekanntlich DREI und so sollte unsere abschließende Tour 2010 doch endlich ohne Hindernisse von statten gehen! Gedacht, gesagt, getan… alle waren wohl auf und das schlecht angekündigte Wetter haben wir auch überlistet, so dass wir in den Schönwetterlücken 3 Gipfel in den Hohen Tauern am Ende für uns verbuchen konnten - den Keeskogel (3.291m), die Gamsspitzl (2.888m) und den Großvenediger (3.662m)! Die 4er Seilschaft mit Daniel, Janina und uns beiden war wieder komplett und so begab es sich, dass sie an einem Donnerstag im August am Parkplatz Hopffeldboden bei Neukirchen am Großvenediger wieder zueinanderfanden… :)
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TAG 1
München – Hopffeldboden/ Neukirchen am Großvenediger (1.080m) – Materialseilbahn Kürsingerhütte (1.929m) – Kürsingerhütte (2.558m) – Keeskogel (3.291m)
Mit einem grandiosen Sonnenaufgang am Kirchturm zu München um 6.00 Uhr in der Früh und einem begehrten von einem Ortskundigen berichtigten ButterbrezE! begann unser Tag verheißungsvoll! Nach 2 1/2 h Fahrt kamen wir erwartungsfroh am Parkplatz Hopffeldboden im Obersulzbachtal an und trafen auf Janina, welche sich bereits die Tage zuvor per velo auf den Straßenpässen die Beine vertrat ;)
Irgendwann kommt man in die Jahre, wo man sein verdientes Geld für die Bequemlichkeiten des Daseins auszugeben vermag und so taten wir uns zusammen, das Hüttentaxi anzuheuern, welches uns bis zur Materialseilbahn der Kürsingerhütte brachte. Für 11,50 € pro Person bekommt man eine halbstündige Fahrt durch das schön anzusehende Sulzbachtal und erspart sich gleichzeitig ca. 4h Wegezeit. Der Bequemlichkeit aber nicht genug, auch die Materialseilbahn wurde noch in Gebrauch genommen, wenn schon denn schon! So gingen für 4,50 € p.P. die Rucksäcke seelenlos über 600Hm von uns. Zumindest mussten die nicht im Regen ausharren, welcher leider just an der Seilbahn begann…
Nach knapp einer Stunde Gehzeit erreichten wir die Kürsingerhütte. Der Genuss des schönen z.T. mit Seilen gesicherten Klammlweges blieb uns ob des Regens etwas vergönnt. Leicht durchnässt erfreuten wir uns an den ungewohnt aufgeheizten Räumlichkeiten und der schnellen Trocknung unserer Klamotten.
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Zur Akklimatisierung hatten wir den Keeskogel im Auge. Trotz des Wetters machten wir uns am Nachmittag auf zum Aufstieg. Janina blieb gleich in der Hütte, Daniel kehrte um, als wir auf dem Schild lasen, dass die Gehzeit 3,5h betragen soll. Das war so nicht gedacht. Christian und ich gingen weiter ganz nach der Devise “Hoch gehen, tief schlafen”, so ganz auf die leichte Schulter wollen wir die Akklimatisierung nicht nehmen, die schlechte Erfahrung bei der ersten Tour läßt uns vorsichtiger werden… Wir vereinbarten eine Umkehrzeit, um rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit zurück auf der Hütte zu sein… und wir liefen und stiegen und sahen nichts außer der guten rot – weißen
Markierung.
Der Übergang ins Blockgelände gestaltete sich etwas heikel, es nieselte leicht, es war feucht und rutschig. Auf dem Gipfelgrat war der Weg z.T. noch schneeverhangen und kein Gipfelkreuz als Anhaltspunkt in Sicht. Akrobatisch bahnten wir uns den Weg nach oben, dann wieder die erlösenden Worte “Ich seh das Kreuz” :) Wir stehen fast davor. Es waren nur 2h Aufstiegszeit. Das Panorama wird phantasievoll in unseren Köpfen zusammengestellt, ein paar Gipfelfotos in der grauen Masse gemacht. Nach 5 Minuten Gipfelglück geht es wieder runter, dass Wetter scheint immer instabiler… Der Spaß mit den Steinmännchen kommt jedoch abermals nicht zu kurz :) Wir versuchen das Bestmögliche an Gemütlichkeit in der großen Hütte herauszuholen, genießen den Abend bei deftigen Essen. Die Tour für morgen steht, es soll auf den Großvenediger gehen, dieser erscheint uns angesichts der instabilen Wetterlage in der Umsetzung wahrscheinlicher als unser 2. Vorhaben, der Große Geiger… 21.00 Uhr vernehmen wir schon im Bett schlummernd ein kräftiges Gewitter…
TAG 2
Kürsingerhütte (2.558m) – Gamsspitzl (2.888m) – Kürsingerhütte
1. Weckerklingeln 4.00 Uhr… kommt man da für gewöhnlich von der Disse nach Hause, heißt es hier, raus aus den Federn und abmarschbereit machen! Heute ist Freitag der 13.!! Lieber liegen bleiben?? Es regnet! Gut, dafür sind wir ausgerüstet. Was nun tun? Christian ist so frei und begibt sich mit Taschenlampe vor die Tür. Null Sicht!! Damit ist die Orientierung auf dem Gletscher fast aussichtslos. Die Entscheidung fällt uns nicht schwer, wir bleiben auf der Hütte! Wie richtig diese Entscheidung war! Freitag der 13.! Man sollte da doch lieber nichts herausfordern… während Daniel und ich nochmal tief weiterschlummerten, lauschten Christian und Janina einem morgendlichen Gewitter!
2. Weckerklingeln um 6.30 Uhr… Wetter? So lala! Es regnet nicht mehr. Wieder ist Christian so frei und befragt einen Hüttenansässigen nach dem Wetter und möglicher Touren für den Tag. Angesichts der positiven Wetterprognosen bis zum Mittag entscheiden wir uns für die Besteigung der Gamsspitzl. Und hey, heute bekommen wir mit, wir haben ein Zimmer mit Aussicht – der Große Geiger direkt im Angesicht! Wow!
Die Kur für den rechtzeitigen Start trägt Früchte, Punkt 7.30 Uhr beginnen wir den Abstieg über den Kürsinger Klettersteig zum Obersulzbachsee. Soweit es die Wolken zulassen beschert uns der Weg faszinierende Tiefblicke auf türkis schimmernde Eisschollen. Der Blick auf die 3000m Giganten statt dessen bleibt uns verwehrt.
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So berauschend wie der Bach war auch der Weg bis auf die Gamsspitzl. Der Klettersteig beim Abstieg auf ca. 2.220m, die Überquerung des Sulzbaches auf einem schmalen Steg und der Aufstieg auf der anderen Seite – ein klettersteiganmutender Weg, loses Blockgelände, Gletscherbegehung mit sonnenerhelltem Gipfel im Visier und das Finale zum Gipfel mit leichter Felskraxelei – ganz nach unserem Geschmack! 11.00 Uhr umrangten wir auf engstem Raum das Gipfelkreuz und konnten von hier nun auch das bestaunen, was wir am Vortag erreicht hatten. Der Keeskogel zeigte uns kurz in seiner vollen Pracht!
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Eindrücke von unterwegs (zum vergrößern auf das Bild klicken):
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Die Schönwetterlücke beschloss spontan, sich wieder zu schließen… so durchweichte uns der Regen am Kürsinger Klettersteig bis zur Hütte… ja ja, nur gut, dass die so gut beheizt ist :) Kurz nach 14.00 Uhr konnten wir uns der nassen Sachen entledigen und uns ganz dem Relaxen hingeben und uns schonmal am Holzspiel “Venedigertour” mental auf morgen vorbereiten. Möge mir entgegen dem Spiel ein Spaltensturz bitte erspart bleiben! Blödes Spiel! ;)) Nach ausführlicher Wegeplanung und Befragung des Hüttenwirts hatten wir Hoffnung auf einen morgigen Gipfelsieg am Großvenediger! Der Große Geiger wird nun für ein Andernmal aufgehoben … es muss ja wie bekannt immer einen Grund geben, zurückzukommen!
Freitag der 13. war geschafft:)
TAG 3
Kürsingerhütte (2.558m) – Großvenediger (3.662m) – Kürsingerhütte
3.45 Uhr Weckerklingeln… Meine Güte, das wird ja immer zeitiger!! Christian erbarmt sich und wagt einen Blick nach Draussen – STERNENHIMMEL!!
4.50 Uhr sind wir startklar… was war da los? 10 Minuten vor der Angst schon fertig? Die Kur hab ich irgendwie verpasst, aber sie scheint sehr erfolgreich! :)
Im Lichtkegel der Stirnlampe folgen wir dem gut markierten und ausgelatschten Weg bis zum Einstieg auf den Gletscher auf ca. 2.750m und bestaunen nebenbei den endlich für uns sichtbaren Großvenediger unter seinem Sternendach. Allmählich wird die Spitze von der Morgensonne wachgeküsst und beschert beim Zusammenspiel mit den Wolken ein anschauliches Farbenspiel:)
Gegen 6.00 Uhr begeben wir uns auf den Gletscher und in die Seilschaft. Zu Beginn ausgeapert schlichen wir uns an den weit aufklaffenden Spalten vorbei und folgten schließlich den Spuren von unseren Vorgängern an den Vortagen. Sie führen uns zum Fuße der Venedigerscharte. Als Vierte in der Seilschaft tappend versuchte ich die Lichtspiele des Morgens fotografisch einzufangen…
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Lichtspieleindrücke von unterwegs (zum Vergrößern auf das Bild klicken):
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Ab und an wehte uns ein heftiger Wind um die Nase. Der Schnee wurde tiefer, der Weg etwas steiler zur Venedigerscharte hinauf und das Gehen ein wenig beschwerlicher. Die Scharte erwies sich als große weiße Fläche, spurenlos! In einem großen Bogen nach Westen schließlich erblickten wir den in der Beschreibung erwähnten Felsen, auf welchen wir zuhalten sollten. Große Spalten des Weges flößten uns Respekt ein…
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Und dann endlich die Erleichterung, wir sind auf dem richtigen Weg! Wir treffen auf eine Seilschaft, welche den Aufstieg vom Defreggerhaus gewählt hat. Den finalen Gipfelanstieg lassen wir uns spuren :)
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Die Spannung steigt… the final line… Der Gipfelgrat!! Endlich dürfen wir auch mal und die Vorstellung hält, was sie versprochen hat – atemberaubend!! 9.45 Uhr stehen wir auf dem Gipfel des Großvenediger. Unsere Anstrengung wird mit einem unbeschreiblichen Rundumpanorama, einer breit grinsenden Sonne und einem belebenden Tee belohnt… Wunderbar…
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Weitere Eindrücke vom Aufstieg (zum Vergrößern auf das Bild klicken):
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Im Angesicht des Keeskogel bestritten wir den Abstieg. Nach der Gipfeleuphorie die Ernüchterung beim Rumeiern im aufgewühlten Schnee. Wird der nächste Tritt halten? Mist, schon wieder eingesackt, ein Knicks, eine ausgleichende Bewegung, ein Kniefall… ein Herauswürgen aus den Schneemassen, das Seil zum Vordermann strafft sich.. hektische Bewegungen, um die Seilschaft nicht zum Stehen zu bringen… welch eine bescheidene Anstrengung!!
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12.00 Uhr zeigte das Zeitmessgerät beim Erreichen des Gletscherendes. Beim Auflösen der Seilschaft schien Christian alles im Blick zu haben :)
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Die letzten Hürden wurden auch gemeistert… manchmal muss wohl jemand oder etwas nachhelfen ;)
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Während Janina, Christian und ich gegen 13.15 Uhr die Hütte erreichten und uns auf einen Bierkrug heißer Schokolade freuten, ließ es sich Daniel nicht nehmen, das schöne Wetter auszunutzen und den Keeskogel zu erklimmen. Pünktlich mit seinem Eintreffen zum späten Nachmittag setzte ein heftiger Sturm mit Regenschauer ein, welcher die ganze Nacht anhalten sollte. Die Schönwetterlücke wieder gut erwischt :)
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TAG 4
Kürsingerhütte – Heimat
Endlich ausschlafen!! Jedoch müssen wir vor um 8.00 Uhr aufstehen, um das Frühstück noch zu erwischen. Das Wetter macht uns den Abschied heute nicht schwer – es pißt!!
Ein kurzer Abschiedsgruß beim Abstieg. Die Bequemlichkeit ist geblieben, ergo Materialseilbahn- und Hüttentaxigenuss:) Und zu guter Letzt natürlich in Obersulzbach der obligatorische Kaiserschmarren in Freiluft! Pünktlich zur Verabschiedung setzte der Regen wieder ein…
Eine rundum gelungene Tour ist zu Ende, Körper und Psyche scheinen gut trainiert – die Tage sind gezählt, bis es in den Anden mit den Bergabenteuern weitergeht:)