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25. Dezember 2008 – Heiliger Abend in Santiago de Chile
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Hallo an die deutschen Weihnachtsmaenner und -frauen!
So kann man auch sein Weihnachtsfest verbringen unter der brennenden Sonne Chiles, es gab sogar ein Wichtelgeschenk bei 30 Grad am Weihnachtsbaume…
Aber nun erstmal von vorne:
Am Montag bei Pieselwetter zu Jena gestartet sind wir bei strahlendem Sonnenschein am Dienstagmittag in Santiago de Chile gelandet und wie das nun mal die High Society macht, haben wir uns mit einem Taxi zu unserem dieses Mal von Deutschland aus gebuchten und rueckbestaetigtem Hostel kutschieren lassen… an dieser Aktion waren 4 Mann beteiligt, einer, der uns gleich am Flughafen zugetextet hat und bei unserer Kommunikationsfreudigkeit hatte der natuerlich gute Chancen, 2 Mann, die uns zum Taxi begleitet haben (das Gepaeck mussten wir trotzdem selbst tragen) und der Taxifahrer selbst… Manno, so kann man die Arbeitslosigkeit auch im Rahmen halten, werden mal `ne Mail an Frau Merkel verfassen. Selbst an den “Kassen” im Tante Emma Laden steht eine, die im Computer den Preis eingibt und daneben diejenige, die den Preis auf eine kleine Quittung schreibt… *g*
Der Taxifahrer und der Hostelbetreiber hatten uns dann gleich Angst gemacht, dass es zur Weihnachtszeit schwierig sein koennte, noch ein Busticket nach Mendoza, unserem eigentlichen Ziel der Reise, zu bekommen. Ach was? Hui, also gleich mit Metro auf zum Busterminal und zu unserem Glueck problemlos die Fahrt gesichert.
So hatten wir denn Zeit, uns in das weihnachtliche Chaos zu stuerzen. Schmuck und Weihnachtsbaeumchen und Lichterchen sind doch ganz dezent gehalten, hier und da blinkt es mal, dort rennt mal einer mit einem riesen Weihnachtsgeschenk unterm Arm rum – es gibt sie also, die Weihnachtszeit in T-Shirt und kurzer Hose, aber uns ist es nicht danach…
Was an weihnachtlicher Athmosphaere fehlt, machten die uns entgegenstroemenden Menschenmassen wett, der Wahnsinn!!
Nun, wie schaute also unser Heilige Abend aus?
Nach dem Fruehstueck erwarteten wir erstmal aufgeregt auf unsere “Gaeste” - 2 Freunde aus Deutschland kamen mit dem Nachtbus aus dem Sueden Chiles und treten heute ihre Rueckreise in die Heimat an… klein ist die Welt, gross die unsere in Deutschland…. sieht man sich dort nicht, trifft man sich eben mal in Santiago… und waehrend wir im Zug nach Frankfurt sassen, sollte sich diese These ebenfalls bestaetigen: eine junge Mutti aus Ilmenau waere noch nie in oder durch Gotha gefahren, ob das noch zu Thueringen gehoere? Bitteeee??
Zurueck zum heiligen Abend: die mich als Heidi kennen, werden sich wundern, wir sind tatsaechlich zur Messe in die Kirche gegangen mit dem Vorteil, es eh nicht zu verstehen:) Das Singen war umso schoener…Nach dem Kirchgang ging es zum weihnachtlichen Festtagsmenue mit traditionellem Tanz und Folklore und vielen verschiedenen Nationalitaeten, die Herr Kellerman von Dirty Dancing alle persoenlich begruesste. Uns winkte er gar zu… Brasilien jubelte am Lautesten und die Mexikaner hatten vor grossem Nationalstolz gleich einen Stuhl umgehauen… Um uns Europaer war es eher ruhig bestellt, selbst die Italiener hielten sich zurueck, Schweden sowieso… Und so assen, tranken und erfreuten wir uns zum Heiligen Abend und fielen gluecklich und uebermuedet in den seligen Schlaf…
In 3 Stunden geht es nun ueber die Anden nach Mendoza, das Herz schlaegt hoeher ob der Freude…
Euch wuenschen wir weiter angenehme, schneereiche, plaetzchenduftende Tage…
¡Hasta luego y feliz navidad!
Claudy y Christian
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28. Dezember 2008 – Festtagsaugenschmaus über die Anden nach Mendoza, Klopapier und Schampus bitte, erste Vorbereitungen für die Besteigung des Aconcagua…
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¡Hola chicas y chicos!
… der Luxus geht weiter und der Bericht ebenso… der Luxus bis morgen, der Bericht…. wird wohl vorerst der Letzte sein…
Am 1. Weihnachtsfeiertag brachen wir unsere Zelte in Santiago de Chile ab, um uns auf den Weg nach Mendoza/ Argentinien zu machen. Die 6 Millionen Menschen, die uns vorgestern noch regelrecht mitgesogen haben, waren wie von Weihnachtsmannhand verschwunden und so tappten wir relativ fast mutterseelenallein (MamaMiaaaa!!) durch die aufgeheizte Betonwueste… fast einer ersten Gipfelbesteigung gleich angesichts der brennenden Sonne und der Rucksaecke hinten und vorne…
… nun hiess es Abschied nehmen von der chilenischen Gastfreundlichkeit und Hilfsbereitschaft – stand man(n) in Santiago mit ´ner Map in der Hand und ´nem Fragezeichen uebern Kopf dumm rum, wurde einem sogleich geholfen. Oder man wird zwischen der ganzen Menschenschar einfach so angesprochen und uns nach der Frage, woher wir kaemen, eine gute Reise gewuenscht… Mal Hand aufs Herz, wer von uns wuerde das in Deutschland machen?? Wir nicht…
Die Fahrt durch die Anden nach Mendoza sollte sich abgesehen von dem Aufenthalt an der Grenze als gigantisch erweisen!! Unser Festtagsschmaus zum 1. Feiertag, womit unser Po nicht dicker, unser Geist jedoch um 1000 Eindruecke reicher wurde!
Wenn Gott wirklich die Welt erschaffen haben soll, dann muss er ein ueberaus begabter Kuenstler gewesen sein, dann hatte er ein Haendchen fuer grossartige Felsformationen und einen ausgepraegten Sinn fuer Farbenreichtum! Waehrend der Strecke schienen alle Canyons, Tuerme, Gebirgsmassive und Gesteinsformen und -arten der Welt vereint zu sein – ein El dorado fuer Geologen, fuer uns einfach nur ein Augenschmaus. Und nebenher begleitete uns eine stillgelegte Eisenbahnstrecke, geisterhaft anzusehen, atemberaubend ob der Wegfuehrung… Und in Mitten der andinen Steinwueste entpuppte sich die Durchfahrt durch Uspallata als eine Fahrt durch eine saftig gruene Oase.
Und der Luxus geht weiter… nicht nur der der Natur! Besorgt um unsere relativ spaete Ankunft in Mendoza und der fuer uns typischen Nicht-Reservierung eines Hostels erwartete uns am Terminal – wir trauten unseren Augen kaum, eine Frau mit einem Schild in der Hand mit unserem Namen!! Oh Gott!! Jeder kann sich sicher unser breites Grinsen im Gesicht vorstellen, wir Individualtouristen werden abgeholt *g*!
O.K., Bock hatte ich zwar nicht auf englisches Gequatsche, voll mit wunderbaren Eindruecken im Kopf und ermuedet… was soll´s. Lucia, so hiess sie, begleitete uns zu einem Hostel und gab uns ein paar Infos, die unsere Tour betrafen.
Im Hostel Alamo angekommen, wurden wir jolend und klatschend von einem Haufen angetrunkener weihnachtsfeiernder Touristen empfangen – ohje, bloss ab aufs Zimmer. Aber ein kuehles Dunkles haben wir uns auch noch gegoennt…
Die Zeit bis heute vertrieben wir uns in Mendoza mit Geldbeschaffungsmassnahmen (Bankhopping and Waiting), Stadtaneignung und Toureinfuehrung. …
…und unseren Umzug in Luxus… waren wir bereits in Santiago zum Heiligabendschmaus overdressed, sind wir es jetzt um so mehr! Der Wahnsinn!! Ab heute beginnt unsere gebuchte Bergtour, so dass wir die Nacht bereits in einem dazugehoerigen Hotel schlafen. Den Zettel mit der Adresse verglichen wir mehrmals, vorsichtig umschlichen wir die glaenzende Eingangstuer und trauten uns doch rein als Hostelbackpacker ins Luxushotel – wir hatten unseren Spass, ob es die Rezeption hatte? Wer weiss… In der Lobby trafen wir zunaechst auf Juan und Fernando, die freuten sich sehr … auf das viele Geld. Die Tour ist nun bezahlt, das Hotel auch… Fernando meinte auf die Frage, warum ein derartiges Luxushotel… es waere die letzte Nacht. Leicht euphorisch gingen wir auf unser Zimmer 604 – und – kamen mit der Schluesselkarte nicht klar… wie wir sie auch wendeten und drehten, die Tuere wollte sich nicht oeffnen – die Putzfrau musste her und helfen, bei ihr klappte es sofort… wir erfreuten uns laut lachend an unserer Ungeschicklichkeit im Luxus – und kurze Zeit spaeter an unserem Sprachunvermoegen… in diesem Zimmer wohnte bereits jemand! Wir hatten eine Zahl vergessen, unser Zimmer war die 1604 *g*
Nichts wie hoch und alles bestaunt und die Toilette mit Telefon belaechelt –„aehm, eine Klopapierrolle aufs Zimmer 1604, bitte, dazu Schampus und gekuehlte Erdbeeren!“ Oder was??
Die Sauna und den Pool auf der Dachterasse werden wir dann sicher nach unserer Rueckkehr mal benutzen, den Fitnessraum mit Blick ueber Mendoza lassen wir mal schoen links liegen…. Am Nachmittag haben wir dann unsere 2 Guides (Santi und Mariano) und 2 Mitglieder unserer Gruppe kennenlernen duerfen, insgesamt werden wir 6 verrueckte Touris sein … bisher allesamt ganz angenehme Gesellen. Vorhin noch schnell a bissl Geld ausgegeben, muessen ja unseren heutigen Lebensstandard ein bisschen ausleben hier – mussten noch ein paar Equipments ausleihen… Dann den Sonnenuntergang ueber Mendoza von unserer Dachterrasse aus bewundert, den Emil an Euch verfasst und gleich geht es nach gepackten Sachen in die Luxusdusche, mal schauen, ob der bestellte Schampus schon bereit steht… hicks
Así que todo bien hasta mañana, estamos bien! Todavía!
Morgen (28. 12.) geht es dann los, unser Versuch, den Aconcaguagipfel zu knacken… . Das Bergsteigerherz pocht ob der Freude und der Aufregung und in ein paar Tagen ob der Hoehe… nun heisst es 17 Tage Daumen druecken, Abschied nehmen vom Internet y feliz entrada en el año nuevo!
Haltet die Ohren steif gegen Deutschland´s Winter!
Hasta 2009,
vuestros viajeros Claudy y Christian!
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10. Januar 2009 – Den letzten beissen die Hunde und den Ersten überrollen die Mulis… vom Besteigungsversuch des Aconcagua…
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¡Buenas Noches de Mendoza caliente!
Hier sind wir wieder und mir fehlt der Anfang, obwohl ja bekanntlich “Am Anfang das Am” ist. Aber jeder, der letztes Jahr unsere Mails mit verfolgt hat, wird es feststellen… es fehlt das “yaallllaahh….” am Anfang! Und Watson kombiniert – wir waren nicht auf dem hoechsten Punkt der suedlichen Hemisphaere! Und wir leben, das scheint angesichts der sich hier abspielenden Ereignisse auch erwaehnenswert!
Und nun von Anfang… oder doch zu den Fazits:
„Den Letzten beißen die Hunde – die Ersten überrollen die Mulis.“
“Shit Head laesst sich gut auf 6000m spielen”
und
“Claudy und Kriese moegen keine Expeditionen, wenn sie mitten drin sind”
Die Verwandlung vom High Society Homo sapiens ueber den Beduinen zum Yeti und zurueck zum modernen Menschen laesst sich wie folgt beschreiben:
Zu Sechst brachen sie von Mendoza auf, den imposanten “steinernen Waechter” der Anden zu bestaunen und zu erklimmen. Frisch und air conditionered ging es aus dem bereits beschriebenen Luxushotel mit dem Bus zur ersten gemeinsamen Herausforderung – ein kleines 6 Bettzimmer am Ausgangspunkt unserer Tour:
Puente del Inka auf 2800m. Beste Voraussetzung, sich als Gruppe zu finden und sie taten es. Die Bruecke der Inka wurde nicht etwa von denen geschaffen, sondern sie ist allein den Naturkraeften geschuldet, ein durch Erosion durchbrochener und mit Schwefel ueberzogener Naturbogen entlang der Verbindungsstrasse nach Chile…
Das Herz arbeitet noch ruhig, die Stimmung ist gut, die Anspannung waechst…
Soweit die Fuesse uns tragen war dann das Motto der naechsten 11 Tage…
Vom Lago de Horcones ging es unter der erbarmungslos brennenden Sonne weg von jeglicher Zivilisation gemaechlich zum 3400m hoch gelegenem ersten Camp Confluencia…
6 kleine Maenniken in mitten der Berggiganten… Ein letzter Blick auf saftiges Naturgruen und die Bluemlis, die James haette mal lieber Pfluecken sollen, um weiter oben die Aerztin zu beeindrucken (und abzulenken – aber dazu spaeter). Wir liessen sie gedeihen und hinter uns, um schliesslich in die staubigen Stapfen unserer Vorgaenger zu treten – Geroell, Dreck, Gletscher und die bunten Felsformationen sollen nun die naechsten Tage unsere Begleiter sein. Man nehme ein Taschentuch, bedeckt dieses mit Farben wie Gelb, Rot, Braun und Weiss, zerknuelle es in der Hand und lege es geschickt vor sich ab, mit etwas Glueck sollte in etwa die Bergwelt miniatuer entstehen. Dazu noch Kekse schraeg ran gestellt und Nussschokolade als Kleckerburgen… klingt ja paradisisch lecker… ist es auch.
In Confluencia der erste Medizincheck nach einem Akklimatisationstagestripp zur majestaetischen Suedwand des Aconcagua…. Die Maenner hatten ein wenig Schwierigkeiten, bei der rassigen Doktorin entspannt zu bleiben, der sogenannte Weisskittelblutdruck setzte ein. Ein Wettrennen begann, bei welchem ich als Maedel am Besten abgeschnitten habe, Puls gigantisch niedrig, Blutdruck absolut normal, Sauerstoffgehalt fast 100% … Bei Kriese muss ich mir entweder Sorgen machen und ihn in der Heimat zum Arzt schicken oder es war nur die Bestaetigung, einen waschechten Kerl zum Manne zu haben *g*
Weiter ging es in die Hoehe und zu sechst mutierten wir zu Beduinen, der Kreativitaet was die Kopfbedeckung als Schutz vor der gnadenlosen Sonne betrifft, waren keine Grenzen gesetzt…
HuiUi, Bestmodel of the day wurde dann im Basislager gekuert… sofern dem Letzten nicht der Hund biss und der Erste nicht vom Muli ueberrollt wurde, welche vollgepackt stur Ihren Weg gingen, moege dort stehen, wer oder was da wolle. Ausgedorrt wie Staub kamen wir voller Erwartung im Basislager Plaza de Mulas auf 4300m an.
Eine Zeltstadt aus Restaurants, Stahltoiletten, kunterbunter Schlafquartiere, Internetzugaengen, Duschgelegenheiten und den unzaehligen Bergbegeisterten, die sich am Fast 7000er versuchen wollen. Winzige Punkte am Berggiganten schlichen bereits empor, am Talende eine riesige Gletscherzunge des Cuerno, einem Mid5000er und Buesereis, soweit das Auge reicht!
Das nun sollte unser Ambiente der naechsten Tage werden…
Zwei Ruhetage, ein Akklimatisierungstripp zum ersten Hochlager und natuerlich der Check vom Weisskittel blieben nicht aus…
3 Mitglieder unserer Gruppe hatten arge Probleme mit dem Blutdruck und der Lunge… und keine Bluemli, um die Aerztin gnaedig zu stimmen… Kriese und ich ueberstanden auch diese Kontrolle… Sorgen machten sich breit und der Saufwettkampf begann und das Rennen zum Klo, eine tiefe Furche vom Speisezelt zum Plumpsklo zeichnete sich ab. In den letzten Tagen war es uns regelrecht schlecht vom Non-alcoholic-Saufen… Selbst Silvester haben wir uns mit heissem Wassergesoeff zugeprostet, punkt 8pm, als in Deutschland die Korken knallten. Um Mitternacht wurden selbst im Basislager laut Kriese 5 Raketen in die zum Traeumen anregende Milchstrasse geschossen, waehrend das Tanzmariechen neben ihm friedlich schlief…
Am vierten Januar ging es schliesslich ins Finale… Der Aufstieg zum Gipfel begann und die Geschichte der 10 kleinen Jaegermeister schien nun andine Urauffuehrung zu haben…
Wilfried blieb als Erster zurueck im Basislager, eine verschleppte Erkaeltung holte ihn wieder ein und mutierte in der Hoehe zur Bronchitis…
Bis dahin keinen Gedanken daran verschwendet, nicht zu sechst aufzusteigen… nun holte uns die gnadenlose Realitaet der Bergwelt ein…
Im ersten Hochlager Canada (5000m) erging es allen ausser Harald gut. Er entschied noch am selben Abend, wieder abzusteigen… da waren es nur noch 4…
Man vergisst nicht die Zeit, aber das Datum, so dass mein Ehrentag darauf nur unwesentlich mein Gemuet beruehrte, eher die Qualen zum 2. Hochlager Nido de Condores (5500m)… das Yestoertchen, welches Kriese im Basislager vergessen hatte (hihi), haette ich eh nicht runtergeschluckt bekommen… und so ging es nun dahin, mein 32. Lebensjahr, so egal, so uninteressant…. bis James mit uns Shit Head (ein tolles hoehentaugliches Kartenspiel) spielte und von Kriese zugefluestert bekam, dass heute mein Geburtstag sei, worauf James begann, Happy Birthday zu singen und fremde Zeltnachbarn durch die Plane und den tosenden Schneesturm mit einstimmten und klatschten und jubelten… Gaensehautfeeling…
Und das nicht genug, die Sonne schaffte es, die dicken schweren Gewitterwolken beiseite zu pusten und den Neuschnee zum atemberaubenden Glitzern zu bringen und die Bergwelt in eine himmlische Maerchenkulisse zu verzaubern…
Die Hoehensymptome verflogen, was uns einen seligen Schlaf bescherte…
Jedoch nicht fuer Franz und James… Beide mussten krankheitsbedingt vom 2. Hochlager absteigen…
Da waren es nur noch 2… Schwermuetig und ziemlich entkraeftet schleppten wir uns zum letzten Hochlager Colera auf knapp 6000m! Mariano und ein Porter begleiteten nun noch unsere Tour. Kaum in die Zelte gerettet, begann wie bereits am Vortag ein gnadenloser Schneesturm und Eiseskaelte brach herein… Doch uns ging es im Schutze der gelben Plane ziemlich gut, das Gehirn reichte noch aus zum Shit Head spielen, selbst das Essen liess es zu. Jedoch nicht mehr unseren Schlaf…
Qualvoll die Nacht, qualvoll der darauffolgende Morgen… Im Zelt Minusgrade im zweistelligen Bereich (die Bedeutung duerfte Euch ja gerade klar sein;), Reif rieselte von der Zeltdecke nach jedem kraeftigen Windstoss in unsere Gesichter… Kriese behielt weder Essen noch Trinken bei sich, ich probierte es erst gar nicht… Mein Gehirn schien am Zerplatzen, wir uebten uns in der Langsamkeit des Seins… Mariano wollte trotz schwieriger Wetterprognosen mit uns den Gipfelversuch starten, auf Grund unserer schlechten Konditionen und des draussen tobenden Sturms blieben wir in den uns waermenden Schlafsaecken und entschieden uns fuer den Abstieg ins Basislager….
Unsere schlechte Akklimatisierung schien uns in dem Falle paradoxerweise das Leben gerettet zu haben!! Just an diesem Morgen umkreiste ein Helikopter den schneebehangenen Gipfel und eine Tragoedie am Aconcagua begann, welche 2 Menschen das Leben kostete! Eine italienische Bergsteigerexpedition auf unserer Route stieg einen Tag vor unserem moeglichen Gipfelstart auf und geriet in Bergnot! Schlechtes Wetter und schlechte Konditionen der Bergsteiger verlangsamte die Bergrettung, an welche auch unser Bergfuehrer Mariano beteiligt war…
Mit uns gingen nun gemischte Gefuehle, eine mentale Gradwanderung und eine physisch angeschlagene Abfahrt ins Tal…
Mit jedem Hoehenmeter tiefer kam die koerperliche Staerke zurueck, auch der Appetit und der Mut und das Verlangen, die Herausforderung doch irgendwann noch einmal anzunehmen… verrueckte Welt… fantastische Welt… 3 Tage muehselig hinaufgequaelt mit der Gewissheit, nie wieder eine Expedition zu starten…
In 3 1/2 Stunden als Yeti verkleidet zurueck mit der gegen jegliche Vernunft gefuehlten Herausforderung…
Im Basislager empfing uns freudig Harald, welcher gern noch einen Versuch gestartet haette, jedoch das ihm unterbreitete Angebot Wucher war…
In mitten der Ralley Dakar zurueck in Mendoza trug es sich, den Jaegermeistersong rueckwaerts gesungen, dass aus den 2 Uebriggebliebenen nun 3 und schliesslich 4 wurden – James!
Neben einem 2tägigen vergnügten Dasein zu viert arrangierten wir noch einen Tripp zum Mt. Everest…. Der freundliche Mann im Restaurant neben uns ist Sherpa, arbeitet im argentinischen Sommer am Aconcagua und in der asiatischen Hochsaison auf dem Dach der Welt…seine Visitenkarte haben wir vorsorglich eingesteckt… *g* Fotos mit dem Weltrekordhalter (in 10 h vom Basislager auf den Mt. Everest) und 13fachen Everestbezwinger wurden auch noch geschossen. Verrueckte Welt…. fantastische Welt…
Und so heisst es morgen Abschied nehmen von 2 lieb gewonnenen Menschen, der heissen Sonne von Mendoza und der kleinstaedtischen Gemuetlichkeit… es geht nach Patagonien, in die windgepeitschte Pampa des argentinischen Suedens! Mit 1000 tollen Eindruecken und Bildern im Kopf verabschieden sich nun die gluecklich gescheiterten Bergsteiger
Claudy y Christian!
Seid tapfer gegen die sibirische Kaelte, wir schicken Euch tausend waermende Sonnenstrahlen und mit dem Express den fetten Daunenschlafsack!
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21. Januar 2009 – Eis- und Felsgiganten in Patagonien und vom Regensturm in El Chalten…
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¡Una ultima hola a alemania!
Huihui, ein letzter Gruss vom Ende der Welt…. vom friedlichen El Chaltén unter dem majestaetischen Massiv des Fitz Roy und Cerro Torre… Ein Bergsteiger-El Dorado und Naturkino fuer die kleinen Leute…
Aber von vorn…
Zunaechst liess uns der argentinische Luxus nicht los, sicher brachte er uns bis nach Buenos Aires… Ganz normal gebucht ohne Extrawuensche stiegen wir in einen Luxusschlafbus ein, dicke fette schwarze Couchledersessel und Platz ohne Ende! Dazu ein Service mit 2-Gaenge- Abendbrot (laechelnderweise, nachdem wir uns am ersten Gang sattgegessen hatten mit dem festen Glauben, das waere mal das Abendbrot), Rotwein, Bierchen und Schampus und nach einem rabiaten Wecken um 6:00 Uhr in der Frueh einem Fruehstueck… Ein Laetzchen aus Stoff durfte natuerlich auch nicht fehlen…
Vor Buenos Aires selbst ergriffen wir vorsorglich die Flucht mit unserem Weiterflug nach Patagonien… Der Taxifahrer zum Flughafen lebte seine Dakar-Ralley-Traeume auf den weiten chaotischen Strassen bravoroes aus und brachte uns sicher durch das Labyrinth zum Ziel… unseren Blick auf den gewaltigen Rio Plata gerichtet, dessen anderes Ufer man nicht erblicken kann…. der Ostsee gleich, nur die Stroemung wirkt dafuer etwas seltsam… unfassbar, dass man sowas Fluss nennen kann!!
Der Flug in den argentinischen Sueden schenkte uns grandiose Weitblicke – zunaechst ins scheinbare Nichts, wirklich Nichts! – dann in das andine Seengebiet mit schneebedeckten Vulkanen erhobenen Hauptes um Bariloche mit Zwischenstopp und schliesslich beim Landeanflug in El Calafate gewaehrte uns das gnaedige Wetter den ersten Blickkontakt zum grossen Inlandeis und den hervorstechenden Felszacken des Fitz Roy und Cerro Torre! Wow!
Seit diesem Zeitpunkt durften wir das Zelt wieder unser Zu Hause nennen, wir waren dem Luxus entrueckt, dafuer der Natur wesentlich naeher! El Calafate entpuppte sich als kleine patagonische Touristenhochburg und als Tor zum naturgewaltigen Nationalpark Glaciar.
Um der riesigen und stetig wachsenden Zunge des beruehmten Perito Moreno Gletschers ganz nahe sein zu koennen, mussten wir leider in die Touristenschmiere greifen, schoen brav wurden wir mit einer Gruppe hingeschuckelt, kaugummikauende Touristenfuehrer blabberten irgendwas… alles liessen wir ueber uns ergehen…
Schliesslich kamen wir angesichts der uns darbietenden Naturmacht aus dem Staunen nicht raus!! Eine 60m hohe Abbruchkante eines Gletschers laesst einen nicht kalt (macht vielleicht kuehle Gedanken)! Zeitliche Freiraeume liessen Platz zum individuellen Geniessen und das kleine i-Tuepfelchen, welches wir uns goennten, war eine kleine Ice-Trekking Tour auf dem Gletschergiganten! Ein faszinierendes Farben- und Lichtspiel zwischen den tiefblauen Eiszacken und Gletscherbaechlein-, spalten und -loechern, den tiefhaengenden schweren Wolken und der untergehenden Sonne rundete den gesamten Tag ins Unvergessene ab, was wir mit einem Whisky on the real Rocks begossen!! *g*
2 Tage spaeter dann die Busfahrt nach El Chaltén! El Calafate verabschiedete uns bereits weinend, aber der Empfang von El Chaltén war mehr als stuermisch!! Wenn so die Freude ausgedrueckt wird – no, gracias! Ein heftiger Regensturm versperrte waehrend der Fahrt bereits die Sicht auf moegliche Naturwunder…. der Bus schwankte besorgniserregend… und in El Chaltén schien die Welt unterzugehen! Wo sind wir hingeraten?? An diesem Tag dachte ich, dass ich nie wieder meine so geliebte Sonne sehen werde… und das ich nur nach Hause moechte…. mitten in einem Kaff (was ja El Chaltén im Prinzip ist) wurden wir aus dem Bus regelrecht rausgeschmissen, unsere Rucksaecke einfach in den Regen gestellt, nicht wissend, wo wir sind, da der Bus wegen einer Strassensperre scheinbar sonstwo hielt (was sich spaeter bei schoenem Wetter als eben mal um die Ecke herausstellte:))… Geradewegs ins erste sichtbare Hostel gerannt, der Sturm riss meinen Regenueberzug vom Rucksack weg, die Regentropfen peitschten wie 1000 kleine Nadelstiche an die unbedeckten Hautstellen… – und – das Hostel ist voll!! Schutzsuchend quetschten wir uns unter den notduerftig zusammengezimmerten Vorbau, der gleich zusammenzubrechen drohte! Ich stand erstarrt vor Kaelte und dem Szenario unbeweglich da, waehrend Kriese sich nach einer Schlafmoeglichkeit suchend in den unerbittlichen Regensturm wagte! Mir derweil wurden von innen 2 Schilder vor die Nase geklebt – “full”! Vielen Dank!! Die erste Info dann von Kriese- alles ausgebucht in der Stadt, die Zweite – ein Campingplatz mit einer beheizten Huette. Ohhhh, beheizt, trocken, windgeschuetzt…. wie koennen scheinbar so einfache Dinge eine derartige Freude ausloesen! Schnell durch Regen und Sturm gerannt, es wurde alles nass, was ueberhaupt ging und rein in die gute Stube, wo bereits andere begossene Pudel sich um den kleinen Ofen draengten… Unser Beginn in El Chaltén, einem wundervollen Fleckchen Erde…
Meine Befuerchtung sollte sich nicht bewahrheiten, schon am spaeten Abend hoerte es zu regnen auf und am Horizont zeigten sich die ersten Schneeberge – das Wanderherz pochte!
Nun die grosse Frage – werden sie sich jemals zeigen, die zwei sagenumwobenen Felsgiganten Fitz Roy und Cerro Torre? Jeder noch so kleine Blick, der uns mystisch hinter dem Wolkenvorhang gewaehrt wurde, wurde festgehalten! Und von Mal zu Mal wurde es mehr und die Filmrollen nicht mehr gezaehlt.
Die nassen Sachen derweil waren ofen-, wind- und sonnengetrocknet, so ging es auf zu einem 4-Tage-Trek durch den Gletschernationalpark. Selbst ohne Guide liessen sich die Pfade suedamerikanisch untypisch finden, bis auf einen Ausrutscher, der uns schliesslich bei Windeskaelte in Slip und Teva und fettem Rucksack durch einen reisenden azurblauen Gletscherfluss waten liess. Mister Roy erlaubte uns dann einen Abendbrotschmaus unter seiner ganzen Pracht, kein Woelkchen verdeckte mehr seine Statur. Nur seinen roten Morgenmantel wollte er nicht ueberziehen, umsonst warteten wir in der windgepeitschten Morgenkaelte. Die gnomhaften patagonischen Waelder verschlangen unsere Seelen – alte, knorrige, windgebeugte und verdorrte Baumformationen im saftigen Gruen! Zauberhaftes Maerchenidyll!!
Mister Torre hatte sich denn bei foenwarmen Wind und Sonnenschein auch ueberlegt, sich den sich freuenden Globetrottern zu zeigen, nur in seine Naehe wollte er uns nicht ganz lassen, das bestrafte er mit kleinen umherfliegenden und maechtig zwiebelnden Kieselsteinchen…
Gestern, am letzten Tag im Park, verlor Kriese beim Ausstieg aus dem Zelt das Gleichgewicht und blumste mit seinem vollen Gewicht aufs Zelt – alles hat es bisher ausgehalten, selbst eine wahnsinnig stuermische Nacht am Cerro Torre, welche uns nicht schlafen liess – aber sein Gewicht nicht! Die Zeltstange brach und bescherte der Plane einen schoenen Kreuzschlitz!!! Unsere Zelttage schienen gezaehlt… gaebe es da nicht das Wundermittel Gaffa – die Zeltplane geklebt und die Stange geschient koennen wir nun noch 2 Tage auf dem freien Campingplatz am Rande von El Chaltén mit Blick auf die Bergkulisse ausleben. Bis es schliesslich am Freitag in den Flieger nach Buenos Aires geht, wo wir hoffen, diesem Moloch auf dem Flughafengelaende zu entkommen! Ein fettes Steak darf natuerlich zum kroenenden Abschluss nicht fehlen *g*
Am Sonntag schnuppern wir, wenn alles gut geht (vielleicht kann ja hier nicht gestartet werden wegen Sturmwarnung – wer weiss das schon?) wieder deutsche Winterluft mit einem Kopf voller Erinnerungen und einem Herz voller sonnigen Gefuehle.
¡Hasta otros días con muchos muchos saludos de sol!!
Claudy y Christian!
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